Statement

Oleg Wiebe ist ein Künstler, dessen Werk sich wie ein künstlerisches Spiegelbild seiner oft nomadischen Lebensgeschichte entfaltet. Im Zentrum seines Schaffens steht die menschliche Existenz in sozialen Umgebungen, stets aus einer tief subjektiven Perspektive, geprägt von seiner Herkunft und seinem persönlichen Werdegang. Erfahrungen von Migration, kultureller Entwurzelung und der Auseinandersetzung mit ideologischen Spannungsfeldern prägen sein Werk, das auch von der Suche nach Identität und Selbstverständnis durchzogen ist. Konfrontiert mit gesellschaftlicher Ausgrenzung, Nationalismus und den Brüchen zwischen politischen Ideologien, gelingt es Wiebe, diesen Erfahrungen in seinen Bildern eine universelle Sprache zu verleihen. Zu den Mitteln der Universalisierung gehören für ihn ikonografische Verweise und kunsthistorische Anspielungen. Er sucht nach Verbindungen und Zusammenhängen zwischen Gegensätzen – und findet hier Parallelen zu Barthes’ semiotischen Theorien, die ihn inspirieren.

Für seine Bildersprache sind Metaphern von besonderer Bedeutung: „Metaphern helfen mir, das Konkrete zu abstrahieren, Zusammenhänge zu erfassen und auf eine persönliche Ebene zurückzukehren“, sagt er. „Sie sind Brücken zwischen dem Abstrakten und dem Persönlichen.“ In dieser Verschmelzung von Realem und Abstraktem schafft Wiebe eine Verbindung zwischen persönlichen und universellen Themen, die eine zeitlose Qualität tragen.
Abgeschottet von der Welt wurde Oleg Wiebe in einem abgelegenen Dorf im Talas-Tal geboren, umgeben vom Talas-Alatau-Gebirge in Kirgisistan. Als Nachkomme der radikal-christlichen Glaubensgemeinschaft der Mennoniten – einer Gruppe, die für ihre Unabhängigkeit, Gewaltfreiheit und Integrität bekannt ist und durch Europa bis in die entlegenen Winkel Zentralasiens zog – überträgt er den Glaubensbezug seiner Vorfahren auf die Kunst: „Was für meine Vorfahren der Glaube war, ist für mich die Malerei.“
Bereits während seiner frühen Plein-Air-Studien in den entlegenen Landschaften Zentralasiens begann Wiebe, nach einer künstlerischen Ausdrucksweise zu suchen, die über die Oberfläche hinausgeht – eine Herangehensweise, die weit entfernt war von der doktrinären Darstellungstradition, die an den Kunstschulen der damaligen Sowjetunion vorherrschte. „Ich wollte die Natur in ihrer Ganzheit zeigen, nicht nur ihre äußere Schale – absolut ehrlich und ohne Kompromisse arbeiten“, reflektiert er rückblickend.

Nach der Chuikov-Kunstschule im damaligen Frunze (Kirgisistan) studierte er an der Estnischen Kunstakademie in Tallinn und wurde Meisterschüler des Avantgarde-Künstlers Ando Keskülla, einer der führenden Figuren der estnischen Kunstszene.
2020 stellte er sein Projekt „Danse Macabre“ in der Tallinner Kadrioru Galerii aus, in der Stadt, in der vor 29 Jahren sein erstes großes Projekt „Initiation“ in der Kunsthalle gezeigt wurde.
Jana Fox

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(EN)
Oleg Wiebe is an artist whose work unfolds as an artistic reflection of his often nomadic life story. At the heart of his creations lies human existence within social environments, always viewed from a deeply subjective perspective, shaped by his origins and personal development. Experiences of migration, cultural uprooting, and confrontations with ideological tensions shape his work, which is permeated by a search for identity and self-understanding. Faced with social exclusion, nationalism, and ideological divides, Wiebe manages to imbue these experiences with a universal language in his paintings. He achieves this through iconographic references and art historical allusions. He seeks connections and relationships between opposites and finds parallels to Barthes‘ semiotic theories, which inspire him.
Metaphors hold particular significance in his imagery: „Metaphors help me to abstract the concrete, grasp connections, and return to a personal level,“ he says. „They are bridges between the abstract and the personal.“ In blending the real and the abstract, Wiebe creates a connection between personal and universal themes that possess a timeless quality.

Oleg Wiebe was born in a remote village in the Talas Valley, surrounded by the Talas Alatau Mountains in Kyrgyzstan, isolated from the world. As a descendant of the radical Christian Mennonite community—a group known for its independence, non-violence, and integrity, which traveled through Europe to the remote corners of Central Asia—he transfers his ancestors‘ religious connection to art: „What faith was for my ancestors, painting is for me.“
Even during his early plein air studies in the remote landscapes of Central Asia, Wiebe began searching for an artistic form of expression that delved beyond the surface—an approach far removed from the doctrinaire tradition of representation that dominated the art schools of the then Soviet Union. „I wanted to show nature in its entirety, not just its outer shell—to work absolutely honestly and without compromise,“ he reflects in retrospect.

After attending the Chuikov Art School in what was then Frunze (Kyrgyzstan), he studied at the Estonian Academy of Arts in Tallinn and became a master student of avant-garde artist Ando Keskülla, a leading figure in the Estonian art scene.
In 2020, he exhibited his project „Danse Macabre“ at the Kadrioru Galerii in Tallinn, the city where his first major project, „Initiation,“ was shown in the art hall 29 years earlier.
Jana Fox

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